Breaking News: Das medialisierte Klima der permanenten Katastrophe im ‚Emergency Empire’

5. Juni | 14:00-15:30 | Yana Milev

Im Emergency Empire fallen sämtliche Katastrophen in einen Raum katastrophischer Ununterschiedenheit bzw. der ununterschiedenen Kulturkatastrophe, die den rechtsfreien Raum (Ausnahmezustand) und die (soziale) Anomie herstellen. Diese These wird vor dem Hintergrund der Forschungsergebnisse des Soziologen Lars Clausen formuliert, die im Wesentlichen besagen, dass sämtliche Katastrophen die gleichen katastrophensoziologischen Konsequenzen mit sich bringen.
Zum Anderen wird diese These vor dem Hintergrund der Vielfalt von Katastrophenursachen besprochen, die, juristisch gesehen, auf keine juristischen Personen schließen lassen, weil es insgesamt gesellschaftliche Kausal-Prozesse sind, die zu solchen führen. Ob eine militärische Eskalation unter dem Titel humanitärer Interventionen, oder ein Wirbelsturm „Nargis“, oder die Drogen-Connection in Kolumbien, oder die horrenden Ausgaben der USA für ihre RMA (Revolution of Military Affaires) bzw. für die Rettung der Privatbanken oder ein Krieg in Afghanistan oder ein GAU in Japan – die Katastrophe bleibt ununterschieden, da sämtliche Ereignisse zwar zu einem Ausnahmezustand führen, jedoch ohne eindeutigen Urheber bleiben. Was noch in den Zeiten der politischen Moderne als Grund des Ausnahmezustands, quasi des Kriegsrechts galt, nämlich das ius ad bellum auf der völkerrechtlich geregelten Freund-Feind-Causa, ist im digitalen Zeitalter obsolet geworden. Obzwar die Völkerrechte (noch) existieren, geschehen Kriege als Katastrophen und Katastrophen als Kriege – allesamt mit denselben soziologischen Auswirkungen für Betroffene, denselben medienpsychologischen Auswirkungen für die daran angeschlossenen Zuschauer und mit denselben ökonomischen Maximierungen für Unternehmen, Regierungen und supranationale Agencies.
Der Feind ist jedes beliebige Threat Environment. Dieses ist keine juristische Person mehr, wie z.B. ein Staat und hat demnach auch keine Aushandlungen mehr zur Folge, sondern diffuse Zuweisungen, überdimensionierte Sicherheitsvorkehrungen und eine Medien-Maschine der Propaganda und (Selbst)Rechtfertigung. Der sogenannte Feind wird nunmehr als permanente Feindatmosphäre produziert, welche über simultane Feindbildproduktionen, den Breaking News, medial hergestellt werden. Der demokratische Zwangskonsum an medialisierten Dauerfrequenzen von Katastrophen ist nicht nur eine Errungenschaft der Breaking News, sondern auch als neuer Typus des neuro-soziologischen Kollateralschadens im Rahmen neuer Kriege zu verstehen.